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Die Betriebsratswahlen sind erfolgreich verlaufen, ein neuer Betriebsrat ist gewählt, doch wie geht es nun unmittelbar nach der Wahl weiter? Während die Vorbereitung der Wahl und die Wahl selbst häufig durch einen Berater begleitete Themen sind, wird die Nachbereitung der Wahl und die Aufstellung des neuen Betriebsratsgremiums oftmals zur Nebensache. Dies ist nicht zielführend, denn es gibt wichtige Weichen, die direkt nach der Wahl gestellt werden sollten, um eine erfolgreiche Betriebsratsarbeit für die nächsten vier Jahren auf den Weg zu bringen.
Was ist zu beachten?
Die konstituierende Sitzung: Mit dem Wahltag selbst und der Auszählung der Stimmen sind die Aufgaben des Wahlvorstandes noch nicht abgeschlossen. Dem Wahlvorstand kommt nach der Wahl die wichtige Aufgabe zuteil, die gewählten Betriebsratsmitglieder zur konstituierenden Sitzung des Betriebsrats unter Mitteilung von Ort, Zeitpunkt und Tagesordnung der Sitzung einzuladen (§ 29 BetrVG). Die Ladung zur konstituierenden Sitzung muss spätestens eine Woche nach dem Tag der Betriebsratswahl erfolgen (§ 29 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Sollte ein neu gewähltes Betriebsratsmitglied an der Teilnahme der Sitzung verhindert sein (§ 25 BetrVG), ist ein entsprechendes Ersatzmitglied zu laden.
Die konstituierende Sitzung leitet zunächst der Wahlvorstandsvorsitzende (§ 29 Abs. 1 BetrVG). Dieser lässt aus dem Kreis der Betriebsratsmitglieder einen Wahlleiter wählen, der dann die konstituierende Betriebsratssitzung leitet und die Wahl des Vorsitzenden des Betriebsrats und des Stellvertreters durchführt. Die Wahlunterlagen (samt Stimmzetteln) übergibt der Wahlvorstand in der konstituierenden Sitzung dem neu gewählten Betriebsrat. Sie sind mindestens bis zur Beendigung der Amtszeit des Betriebsrats aufzubewahren (§ 19 WO). Sind all diese Schritte abgeschlossen, hat der neue Betriebsrat sich erfolgreich konstituiert und ist de facto einsatzbereit.
Der Amtsbeginn des neuen Betriebsrats startet, sofern vorher kein Betriebsrat im Betrieb bestanden hat, sofort mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses (§ 18 WO). War vorher bereits ein Betriebsrat im Amt, so beginnt die Amtszeit nicht etwa mit der konstituierenden Sitzung des neuen Gremiums, sondern erst mit Ende der Amtszeit des alten Betriebsrats. Der neue Betriebsrat kann daher bereits konstituiert sein, hat aber bis zum Ablauf der Amtszeit des aktuellen Gremiums (noch) keine Befugnisse.
Die Verabschiedung einer Geschäftsordnung ist ein wichtiges erstes „To-do“, das möglichst zügig nach der Wahl durch den neuen Betriebsrat erfolgen sollte (§ 36 BetrVG). Für die Festlegung einer Geschäftsordnung bedarf es einer Präsenzsitzung und Beschlussfassung mit absoluter Mehrheit der Betriebsratsmitglieder.
Ohne Geschäftsordnung gem. § 30 Abs. 2 BetrVG kann die Betriebsratssitzung zukünftig nicht in Form einer Video- oder Telefonkonferenz erfolgen (§ 30 Abs. 2 BetrVG). Dies sichert die Beschlussfähigkeit des Gremiums in Zeiten der Pandemie ab, auch wenn Erfahrungswerte zeigen, dass Präsenzsitzungen für eine erfolgreiche BR-Arbeit weiterhin unerlässlich sind.
Die Gründung eines Wirtschaftsausschusses ist ebenfalls umgehend durch den neuen Betriebsrat in Unternehmen mit einem Betrieb und mehr als 100 Arbeitnehmern vorzunehmen und sogar gesetzlich verpflichtend in § 106 BetrVG vorgeschrieben. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses werden durch einen entsprechenden Beschluss des Betriebsrats mit einfacher Stimmmehrheit bestellt. Die Bildung eines Wirtschaftsausschusses erfolgt grundsätzlich auf Unternehmensebene und es kann daher immer nur ein Wirtschaftsausschuss für das jeweilige Unternehmen gegründet werden (Fitting, § 107 Rn. 18). Besteht ein Unternehmen aus mehreren Betrieben mit jeweils bestehenden Betriebsräten, so ist der Gesamtbetriebsrat (GBR) für die Gründung des Wirtschaftsausschusses zuständig (§§ 107 Abs. 2 S. 1, 107 Abs. 3 S. 6 BetrVG).
Neben dem verpflichtenden Wirtschaftsausschuss muss ein Betriebsausschuss geformt werden, wenn die Betriebsratsgröße mehr als neun Mitglieder übersteigt (§ 27 Abs. 1 BetrVG). Es können auch weitere Ausschüsse, wie beispielsweise ein IT-Ausschuss, freiwillig geformt werden. Dies kann je nach Unternehmen förderlich für die Betriebsratsarbeit sein. Die Entsendung in den Gesamtbetriebsrat ist, sofern mehrere Betriebe bestehen, ebenfalls unverzüglich zu beschließen.
Durch Schulungen können die notwendigen Kenntnisse der Betriebsratsmitglieder für ihre Betriebsratsarbeit aufgebaut werden. Gerade für neue Mitglieder lohnt es sich, sich frühzeitig mit den Pflichten und Möglichkeiten ihres Amtes vertraut zu machen, um so eine bestmögliche Interessenvertretung gewährleisten zu können. Seminare zum Grundlagenwissen im Arbeits– und Betriebsverfassungsrecht vermitteln Ihnen das dafür notwendige Handwerkszeug.
Der erste Eindruck zählt!
Nicht zu unterschätzen ist der Kontaktaufbau zur Belegschaft. Neben den vielen Formalitäten der Anfangszeit vergessen Sie nicht, das neue Gremium den Kollegen vorzustellen. Besonders in größeren Betrieben kennt u.U. nicht jeder die gewählten Betriebsratsmitglieder. Nutzen Sie die Kommunikationswege Ihres Betriebes und stellen sicher, dass die Kollegen sich auch tatsächlich mit ihren Anliegen aus eigener Initiative bei Ihnen melden werden und Ihre Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Dieser Vertrauensgrundstein wird besonders in den ersten Wochen gelegt, denn jeder weiß: Der erste Eindruck zählt!