§14 Abs. 4 TzBfG, § 615 S. 1 BGB, Art. 15 Abs. 1 DS-GVO
- Eine Abrede über die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG in Verbindung mit § 125 BGB nichtig, sofern sie nicht durch die Vertragsparteien eigenhändig unterschrieben wurde.
- Die Erhebung einer Entfristungsklage stellt ein Arbeitsangebot gemäß § 295 BGB dar, sodass der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, wenn er die angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt.
- Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist bereits gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, sofern nicht konkret dargelegt wird, über welche personenbezogenen Daten Auskunft verlangt wird.
(Leitsätze des Bearbeiters)
LAG Berlin-Brandenburg 16.3.2022 – 23 Sa 1133/21
Sachverhalt
In Streit stehen die Wirksamkeit eines befristeten Arbeitsvertrags, Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug sowie ein Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO.)
Die Klägerin war bei der beklagten Arbeitgeberin beschäftigt, wobei der Arbeitsvertrag eine Befristungsabrede enthielt, nach welcher das Arbeitsverhältnis zum 20.6.2020 enden sollte. Zudem war der Arbeitsvertrag mit einer eingescannten Unterschrift des Geschäftsführers der Beklagten versehen.
Mit Schreiben vom 23.6.2020 verlangte die Klägerin von der Beklagten Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Dem kam die Beklagte nach, erfüllte das Auskunftsverlangen aus Sicht der Klägerin jedoch nicht vollständig. Am 10.7.2020 erhob die Klägerin unter anderem eine Entfristungsklage, die der Beklagten am 21.7.2020 zugestellt wurde. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2020.
Die Klägerin war der Ansicht, die Befristung des Arbeitsvertrags sei wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam. Ferner bestehe ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß § 615 S. 1 BGB. Schlussendlich sei die Beklagte dem Auskunftsverlangen nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO nicht ausreichend nachgekommen, da sie der Klägerin keine konkreten Daten benannt, sondern diese nur kategorisiert habe.
Entscheidungsgründe
Das LAG Berlin-Brandenburg gab der Klage in Teilen statt. Der befristete Arbeitsvertrag sei zwar unwirksam, jedoch habe die Klägerin keine Ansprüche auf Zahlung eines Annahmeverzugslohns sowie auf eine weitergehende Auskunft die Verarbeitung personenbezogener Daten.
Der befristete Arbeitsvertrag sei gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam. Es habe nach § 16 Abs. 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden, das erst aufgrund der Kündigung zum 31.10.2020 geendet habe. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Befristung sei gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG die Erfüllung der Schriftform. Laut § 126 Abs. 1 BGB müsse eine Urkunde eigenhändig vom Aussteller unterschrieben werden. Die Eigenhändigkeit schließe jede Form der mechanischen Vervielfältigung der Unterschrift aus. Der Geschäftsführer der Beklagten habe den Arbeitsvertrag mit seiner eingescannten Unterschrift versehen. Damit liege die erforderliche eigenhändige Unterzeichnung der Befristungsabrede nicht vor.
Die Klägerin habe – trotz des bis zum 31.10.2020 bestehenden Arbeitsverhältnisses – keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß § 615 S. 1 BGB. Mit der Erhebung der Entfristungsklage am 21.7.2022 habe zwar bei der Beklagten ein konkludentes Angebot der Klägerin zur Erbringung der Arbeitsleistung nach § 295 BGB vorgelegen. Jedoch sei der Anspruch auf Annahmeverzugslohn erloschen, da sich die Klägerin ihren Verdienst aus einer anderweitigen Tätigkeit habe vollständig anrechnen lassen müssen.
Darüber hinaus stehe der Klägerin auch kein Anspruch auf nähere Auskunft zu, welche „konkreten personenbezogenen Daten“ die Beklagte über sie verarbeite. Zum einen sei der Antrag bereits unzulässig, da er zu unbestimmt sei. Der Begriff „konkret“ sei auslegungsbedürftig und von der Klägerin nicht hinreichend präzisiert worden. Zum anderen sei der Antrag auch unbegründet, die Beklagte habe bereits entsprechend den Kategorien des Art. 15 Abs. 1 a) bis h) DS-GVO Auskunft erteilt.
Bedeutung für die Praxis
Das LAG Berlin-Brandenburg legt die Formvorschrift des § 14 Abs. 4 TzBfG zutreffend streng aus, da sie insbesondere dem Schutz von Arbeitnehmern dient. Die besondere Gefahrensituation eines befristeten Arbeitsvertrags wird durch die Schriftform verdeutlicht.
Mit der Klarstellung des Gerichts, dass die Zustellung einer Entfristungsklage beim Arbeitgeber ein Angebot nach § 295 BGB darstellt, bestätigt es die Rechtsprechungslinie des Bundesarbeitsgerichts.[1]
Bemerkenswert sind auch die Ausführungen bezüglich des Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Das Landesarbeitsgericht formuliert hier hohe Anforderungen an die Bestimmtheit eines Auskunftsanspruchs, die es bei seiner Geltendmachung zu beachten gilt.
Robert Krüll, Rechtsanwalt in der Kanzlei TowaRA:Arbeitsrecht in Köln
[1]BAG 21.8.2019 – 7 AZR 563/17, BeckRS 2019, 30263.