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RAHMEN-IT-BETRIEBSVEREINBARUNG- BEGRIFF UND ZIELE
Die Einführung und Anwendung informationstechnischer Systeme (IT-Systeme) nimmt im Zuge der Digitalisierung und Arbeitswelt 4.0. in Unternehmen rasant zu. Dabei werden IT-Systeme in ihrer Ausgestaltung immer komplexer. Der Abschluss von Rahmen-IT-Betriebsvereinbarungen gewinnt daher zunehmend an Bedeutung. Im Folgenden wird erklärt, was Rahmen-IT-Betriebsvereinbarungen (rechtlich) sind, welches Betriebsratsgremium für den Abschluss zuständig ist und welche Vorteile und Risiken eine solche Vereinbarung mit sich bringt.
I. DER BEGRIFF DER RAHMEN-IT-BETRIEBSVEREINBARUNG
Der Begriff „IT“ steht für die gesamte Informations- und Kommunikationstechnik. Er hat den früher häufig verwendeten Begriff der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) abgelöst.
Rechtlich betrachtet stellt die Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung eine freiwillige Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber:in und Betriebsrat gemäß § 88 BetrVG dar. Sie beinhaltet allgemeine und einheitliche Regelungen zur Einführung und Anwendung von IT-Systemen im Unternehmen. Ihre Regelungen schaffen somit einen Rahmen für sämtliche im Unternehmen existierende IT, welcher durch Einzelbetriebsvereinbarungen für konkrete IT-Systeme ergänzt wird. Während die Einführung und Anwendung einer konkreten technischen Einrichtung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist, kann eine Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung nicht erzwungen werden, da sie abstrakte und generelle Regelungen für eine Vielzahl von technischen Einrichtungen enthält.
II. ZIEL DER RAHMEN-IT-BETRIEBSVEREINBARUNG
Ziel einer Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung ist es, das Mitbestimmungsverfahren nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu vereinfachen. Zu bedenken gilt, dass jede Einführung und Anwendung einer technischen Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeitenden zu überwachen, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auslöst. Ausreichend ist dabei die Möglichkeit einer technischen Überwachung, es kommt nicht darauf an, ob Arbeitgeber:innen diese auch bezwecken. Die Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung dient daher dazu, den Abschluss von Einzelbetriebsvereinbarungen über die Einführung und Anwendung von IT-Systemen zu beschleunigen und zu erleichtern und die Betriebsparteien zu entlastet. Fällt die Einzelbetriebsvereinbarung in den Geltungsbereich der Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung, müssen nur eine Beschreibung des IT-Systems sowie bei Bedarf die Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung ergänzende oder konkretisierende Regelungen vereinbart werden. Allgemeine Regelungen können die Betriebsparteien auslassen, schließlich haben sie sich auf diese bereits in der Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung geeinigt. Indem der Aufwand für eine Einzelbetriebsvereinbarung minimiert wird, kann die digitale Transformation im Unternehmen schneller und effizienter gestaltet werden. Zudem erfolgt durch den implementierten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsprozess die – sonst häufig vernachlässigte – frühzeitige Einbindung des Betriebsrats bei der Einführung und Anwendung von IT-Systemen. Dies fördert die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber:in und Betriebsrat. Gleichzeitig stärkt es das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Implementierung neuer IT-Systeme und trägt ebenso zur allgemeinen Zufriedenheit im Unternehmen bei.
III. ZUSTÄNDIGKEIT
Beim Abschluss von Rahmen-IT-Betriebsvereinbarungen stellt sich die Frage, welches Gremium für die Verhandlungen mit dem/der Arbeitgeber:in zuständig ist. In Betracht kommen der lokale Betriebsrat, der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat.
Die Zuständigkeitsregelungen, die für die konkreten IT-Systeme gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gelten, können jedoch nicht auf den Abschluss einer Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung übertragen werden, da es sich dabei um eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts[1] zur Einführung von freiwilligen Leistungen, über die die Arbeitgeber:innen mitbestimmungsfrei entscheiden, können die Arbeitgeber:innen das zuständige Betriebsratsgremium bestimmen. Laut Bundesarbeitsgericht[2] gilt dies auch im Kontext von § 88 BetrVG. Dies bedeutet, dass Arbeitgeber:innen bei Rahmen-IT-Betriebsvereinbarungen prinzipiell das zuständige Betriebsratsgremium festlegen können. Ist das von den Arbeitgeber:innen gewählte Gremium allerdings nicht bereit, die Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung zu verhandeln, kommt die Vereinbarung nicht zustande.
Für den Betriebsrat empfiehlt es sich, einen sogenannten IT-Ausschuss zu bilden, um für eine effektive und sorgfältige IT-Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sorgen zu können.
IV. BEDEUTUNG FÜR DIE PRAXIS
Eine Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung kann bei entsprechender Ausgestaltung eine gute Basisvereinbarung für die Einführung und Anwendung von IT-Systemen darstellen. Wichtig ist jedoch, dass Betriebsräte keine Vereinbarungen abschließen, die ihr starkes Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG komplett aufweichen oder gänzlich ablösen. Es sollte vielmehr auch bei Bestehen einer Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung die Pflicht zum Abschluss einer (gegebenenfalls vereinfachten) Einzelbetriebsvereinbarung bestehen bleiben. Die Regelungen der Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung gelten dann als allgemeine Regelungen für alle im Unternehmen bestehenden IT-Systeme, welche durch die jeweiligen Einzelbetriebsvereinbarungen ergänzt werden. Diese Einzelbetriebsvereinbarungen beschreiben die konkreten IT-Systeme näher und können die allgemeinen Regelungen des Rahmens im Bedarfsfall konkretisieren, ergänzen oder auch abändern. Nur so kann sichergestellt werden, dass Besonderheiten einzelner IT-Systeme berücksichtigt und Mitarbeitende effektiv vor unzulässiger Überwachung geschützt werden. In diesem Gesamtgefüge kann die Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung zu einer gewinnbringenden und konstruktiven Betriebsratsarbeit beitragen.
[1] BAG 09.12.2003 – 1 ABR 49/02
[2] BAG 09.12.2003 – 1 ABR 49/02